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Die EUA wird 25: Erfahrung als Basis für Nachhaltigkeit in Europa

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Article Veröffentlicht 23.07.2019 Zuletzt geändert 11.05.2021
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Photo: © Rosana Grecchi, Sustainably Yours /EEA
Wie wird die Umwelt in Europa in 25 Jahren aussehen? Werden wir unsere gemeinsame Vision von „Gut leben innerhalb der Belastbarkeitsgrenzen unseres Planeten“ verwirklichen? Werden wir in der Lage sein, die Erderwärmung zu begrenzen und Klima-belastbare Städte zu bauen, die von gesunder Natur umgeben sind? Wie die Wahlen zum Europäischen Parlament gezeigt haben, sind die Europäer darüber zunehmend besorgt. Europas nächste Generation fordert ebenfalls dringendes Handeln, wie aber werden ihre Forderungen nach einer nachhaltigen Zukunft die künftigen Umwelt- und sozioökonomischen Politiken Europas prägen? Anlässlich unseres 25-jährigen Bestehens überlegen wir, wie sich Europas Umweltwissen und -politik in den letzten 25 Jahren entwickelt haben und wie wir, die EUA und ihre Netzwerke, die Bemühungen um Nachhaltigkeit in den nächsten 25 Jahren unterstützen können.

Strategie: Von Einzelproblemen zu systemischen Maßnahmen

Das Umweltbewusstsein sowie sein Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung begann mit der Erkennung einzelner Probleme wie dem sauren Regen, der Verunreinigung von Gewässern durch Chemikalien oder dem plötzlichen Rückgang der Bienenpopulationen und deren Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Wirtschaft. Ab den 1970er-Jahren begannen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ihre Anstrengungen zu koordinieren und ihre Politiken stärker aufeinander abzustimmen, da zunehmend erkannt wurde, dass grenzüberschreitende Umweltprobleme wie Luft- und Wasserverschmutzung gemeinsames Handeln erfordern.

Während dieses Zeitraums von fast 50 Jahren haben die EU-Staaten ihre kollektiven Maßnahmen schrittweise ausgeweitet und ihr Anspruchsniveau erhöht. In dem Maße wie das Verständnis der Umweltprobleme zunahm, wurde deutlich, dass Umweltbelange in übergeordnete politische Rahmen — sowohl in Europa als auch weltweit — einbezogen werden müssen. In der Europäischen Union sind Klima- und Energiepolitik nun enger aufeinander abgestimmt, und die Mobilitätspolitiken sind Teil einer umfassenderen langfristigen Vision für die klimaneutrale Wirtschaft bis 2050 geworden.

In allen politischen Diskussionen wurde immer deutlicher, dass verlässliche Informationen über die Umwelt für die Entwicklung und Umsetzung wirksamer Maßnahmen von entscheidender Bedeutung sind.

 

Wissen: Tieferes und breiteres Verständnis

Die Europäische Umweltagentur wurde 1994 errichtet,[1] um unabhängige und zuverlässige Informationen über die Umwelt in Europa bereitzustellen und damit die Politikgestaltung in Europa zu unterstützen. Die Entscheidung wurde getroffen, weil gemeinsame Maßnahmen ein gemeinsames Verständnis des Problems erforderlich machen. Ohne umfassende und vergleichbare Daten ist es unmöglich, gemeinsame Politiken zu formulieren und Fortschritte zu überwachen.

Im Zuge der sich ändernden politischen Erfordernisse wurde unser Aufgabengebiet um neue Bereiche erweitert. In gleichem Maße stieg auch der zeitliche und räumliche Umfang unserer Wissensbasis. Heute erstreckt sich das Wissen der EUA auf die thematische Analyse von Einzelthemen, die von der Luftqualität, der Qualität von Badegewässern, Veränderungen der Bodenbedeckung, der Abfallvermeidung über Treibhausgase und Kohlendioxidemissionen neuer Personenkraftwagen und leichter Nutzfahrzeuge bis hin zu systemischeren Querschnittsanalysen zu Klima und Energie, dem Lebensmittelsystem und sozialer Verletzlichkeit aufgrund ungleicher Exposition gegenüber verschiedenen Umweltbelastungen reichen. Alle fünf Jahre ergänzen wir diese Bewertungen mit unserem Bericht „Die Umwelt in Europa – Zustand und Ausblick“, dessen Ausgabe für 2020 im Dezember dieses Jahres veröffentlicht wird. Unsere Bewertungs- und Wissensarbeit wird sich auch künftig im Zuge laufender und neu entstehender politischer Erfordernisse weiterentwickeln.

 

Daten und Technologie: Den Wandel akzeptieren und neue Möglichkeiten erforschen

Anfangs bestand die Berichterstattung über die Umwelt aus gedrucktem Material, das per Post oder später per Fax an die Agentur gesandt wurde. Heute können die Mitgliedstaaten riesige Datenmengen direkt an Reportnet — unsere elektronische Berichtsplattform — übermitteln. Sobald die Qualität überprüft ist, werden diese Daten allen Nutzern, ob Mensch oder Maschine, zur Verfügung gestellt.

Ein zunehmender Anteil der erfassten Daten enthält Geo-räumliche Information, die es uns ermöglicht, Veränderungen im Zeitverlauf und auf dem gesamten Kontinent zu verfolgen. Heute können wir in eine Karte hineinzoomen, in der Eurpäischen Union die im Natura-2000-Netz geschützten Gebiete ansehen und Informationen über dort lebende geschützte Arten erhalten. Einige der Daten werden in Echtzeit gemeldet und zur Verfügung gestellt. Tausende von Überwachungsstationen in ganz Europa, die die Konzentration wichtiger Schadstoffe in der Luft messen, sind nun an dasselbe Netz angeschlossen, und all diese Informationen sind über den Europäischen Luftqualitätsindex — unsere gemeinsame Plattform mit der Europäischen Kommission — verfügbar.

Digitalisierung und Internet haben das, was noch vor 25 Jahren unvorstellbar war, heute zu alltäglich genutzten Instrumenten gemacht. Und diese Datenrevolution im Umweltbereich ist noch lange nicht vorüber. Das Erdbeobachtungsprogramm Copernicus der Europäischen Union bietet unzählige Möglichkeiten, uns dabei zu unterstützen, die Veränderungen in der Umwelt in Europa zu überwachen, und dies in einer Präzision und Detailgenauigkeit, die noch vor 25 Jahren undenkbar waren. Zu Themen, die von der Walddichte bis zur Zersiedelung der Landschaft reichen, ergänzen die Copernicus-Satellitendaten die Beobachtungen vor Ort, um uns ein umfassendes Verständnis dafür zu vermitteln, was wo warum passiert.

Angesichts der Tatsache, dass sich die Technologie und die Datenerhebung in den letzten 25 Jahren fundamental verändert haben, können wir sicher davon ausgehen, dass die Technologie — sei es in Form von künstlicher Intelligenz, Fernerkundung oder stets zunehmender Verarbeitungsleistung — unser Wissen und den Zugang dazu weiterhin prägen wird.

 

Netzwerk von Menschen: Erfahrung, Fachwissen und Engagement

Die EUA ist nicht nur ein Wissenszentrum, das Wissenschaft und Politik verbindet. Sie ist auch eine Netzwerkorganisation, die Hunderte von Akteuren — Umweltagenturen und Ministerien, öffentliche Verwaltungen und Forschungseinrichtungen — im Europäischen Umweltinformations- und Umweltbeobachtungsnetz (Eionet) zusammenbringt. Was als Netzwerk von 12 EU-Ländern und Dutzenden von Mitarbeitern begann, umfasst heute 33 Mitglieds- und 6 kooperierende Länder in ganz Europa sowie Hunderte äußerst engagierter Mitarbeiter mit Fachwissen auf unterschiedlichsten Gebieten. Das Eionet hat entscheidend daran mitgewirkt, regelmäßige Datenströme aus ganz Europa zu ermöglichen und zu gewährleisten. Neben seiner Schlüsselrolle auf dem Gebiet der Daten fungiert Eionet auch als Wissensnetzwerk, das Erfahrungen und Fachwissen seiner Mitgliedsorganisationen sammelt und weitergibt. Dieses kollektive EUA-Eionet-Fachwissen leistet zusammen mit der gemeinsamen Erfahrung ebenfalls einen Beitrag zu Partnern und Projekten außerhalb der EU, einschließlich der Länder der Europäischen Nachbarschaft und des Human-Biomonitorings für Europa (HBM4EU).

In den letzten 25 Jahren haben sich Umwelt, Politik, Wissen, Daten, Technologie und die EUA/das Eionet verändert und werden sich auch in Zukunft weiterentwickeln. Inmitten dieses beständigen Wachstums, der Innovation und des Wandels gibt es jedoch eine Konstante: das ungebrochene Engagement der Mitarbeiter der Agentur und ihrer Netzwerke für die Verbesserung der Umwelt und damit der Lebensqualität in Europa und darüber hinaus.

Während wir in diesem Jahr das 25-jährige Bestehen der EUA feiern, werden wir mit diesen Partnern über unsere bisherigen und künftigen Beiträge nachdenken und überlegen, wie wir gemeinsam dem Wandel am besten Rechnung tragen und dazu beitragen können, langfristige Nachhaltigkeit in Europa zu erreichen.

Unser Vermächtnis sollte nicht die Umweltzerstörung sein, die wir nicht aufgehalten haben, sondern ein Wendepunkt, an dem wir die Zerstörung durch entschlossenes Handeln rückgängig gemacht haben. Wenn Tausende von Schülern und Studenten auf die Straße gehen, um zum Handeln aufzufordern und die Mehrheit der Europäer ihre Besorgnis bezüglich der Umwelt und des Klimawandels zum Ausdruck bringt, ist es an der Zeit, mutigere Maßnahmen zu ergreifen.

 Hans Bruyninckx

Hans Bruyninckx

Exekutivdirektor der EUA

Dieser Leitartikel wurde im Juni 2019 im EUA-Newsletter 02/2019 veröffentlicht.



[1] Die Verordnung zur Errichtung der Europäischen Umweltagentur wurde 1990 angenommen. 1994 nahm die EUA ihre Tätigkeit auf.

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