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Europa muss beträchtlich in Klimaschutz und Klimaanpassung investieren. Der Finanzsektor kann und wird bei der Unterstützung der Umstellung Europas auf eine kohlenstoffarme, klimaschonende Gesellschaft eine entscheidende Rolle spielen. Die öffentlichen Investitionen werden zur Finanzierung des Umschwungs nicht ausreichen, können jedoch einen Beitrag dazu leisten, privates Kapital zu mobilisieren und wirksam einzusetzen, das für die Umschichtung der Investitionen in der benötigten Größenordnung unerlässlich ist.
Hans Bruyninckx, EUA-Exekutivdirektor
Europa muss beträchtlich in Klimaschutz und Klimaanpassung investieren. Die Schätzungen der tatsächlich benötigten Beträge schwanken erheblich und können sich je nach Umfang, Ausmaß oder Methodik auf bis zu mehrere hundert Milliarden Euro pro Jahr belaufen. Im Vergleich zur gesamten Finanzierungskapazität des Finanzsystems ist dieser Investitionsbedarf relativ gering. Und dennoch deckt das Finanzsystem trotz seiner umfangreichen Kapazitäten derzeit nur einen Bruchteil der erforderlichen Investitionen ab.
Zu den größten Herausforderungen bei der Förderung klimafreundlicher Investitionen gehören u. a. das Überwinden bestehender Hemmnisse und Unzulänglichkeiten im Finanzsystem, die dazu führen, dass nicht nachhaltige Aktivitäten fortgeführt und gefördert werden, und die Umwidmung von Mitteln auf Initiativen, die die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel erhöhen und den Kohlenstoffausstoß reduzieren. Damit vor Ort abgestimmte und wirksame Maßnahmen ergriffen werden können, sollte der Investitionsbedarf systematisch auf allen Ebenen – europäisch, national und lokal – angegangen werden. Die klare und vollständige Offenlegung von Klimarisiken durch Unternehmen ist eine Voraussetzung für fundierte Investitionsentscheidungen. Neben der Verbesserung der Transparenz bezüglich der Klimarisiken sind auch langfristige Planung und Zusagen klare Signale an die Investoren.
Im Übereinkommen von Paris 2015 hat man sich global zum Ziel gesetzt, „die Finanzmittelflüsse in Einklang zu bringen mit einem Weg hin zu einer hinsichtlich der Treibhausgase emissionsarmen und gegenüber Klimaänderungen widerstandsfähigen Entwicklung“. Dieses Ziel wurde auch auf der Klimakonferenz in Marrakesch 2016 bekräftigt.
Das vor kurzem von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Energiepaket bekräftigt das Engagement der EU für Umstieg auf ein kohlenstoffarmes, klimaschonendes Europa. Das Paket enthält das Ziel einer Verringerung der Treibhausgasemissionen von mindestens 40 % und schlägt Ziele für eine Verbesserung der Energieeffizienz von mindestens 30 % und für eine Erhöhung des Anteils erneuerbare Energien von mindestens 27 % bis 2030 vor. Es wird darin aber auch auf die wichtige Rolle von Investitionen für den Übergang zu umweltfreundlicher Energie und die wirtschaftliche Nebeneffekte dieser Investionen verwiesen. Der Europäischen Kommission zufolge kann das vorgeschlagene Paket durch Mobilisierung von bis zu 177 Milliarden EUR an öffentlichen und privaten Investitionen pro Jahr ab 2021 zu einem Anstieg des BIP in den kommenden zehn Jahren um bis zu 1 % führen und 900 000 neue Arbeitsplätze schaffen.
Die EU Strategien und Ziele werden im Allgemeinen über Strategien und konkrete Maßnahmen in den Ländern umgesetzt, einschließlich der nationalen Strategien für eine emissionsarme Entwicklung. Eine erste Bewertung dieser Strategien durch die EUA hat gezeigt, dass sich diese hinsichtlich ihres Umfangs und ihrer Intensität sowie ihres Umweltschutzniveaus erheblich voneinander unterscheiden. Sie enthalten nur in sehr begrenztem Umfang Informationen über den Finanzierungsbedarf und Pläne zur Umschichtung von Investitionen. Außerdem fehlt häufig eine langfristige Vision auf nationaler Ebene, die mit den Zielen der EU für die Umstellung auf eine CO2-arme Wirtschaft in Einklang steht. Ebenso haben viele Länder auch nationale Strategien und Aktionspläne zur Klimaanpassung verabschiedet, wobei häufig allerdings keine näheren Angaben zu deren Finanzierung gemacht werden. Zur Stärkung des Vertrauens der Anleger sollten die Strategien für eine emissionsarme Entwicklung und die nationalen Anpassungspläne durch nationale Klimafinanzierung strategien ergänzt werden.
Öffentlichen Investitionen werden zur Finanzierung des Übergangs nicht ausreichen, können jedoch einen Beitrag dazu leisten, privates Kapital zu mobilisieren und wirksam einzusetzen, das für die Umschichtung der Investitionen in der benötigten Größenordnung unerlässlich ist. Mindestens 20 % des EU-Haushaltsplans für 2014-2020 sind für Klimaschutzmaßnahmen zweckgebunden. Die Entscheidung der EU aus der jüngsten Zeit, den Europäischen Fonds für strategische Investitionen auszuweiten und aufzustocken, und die vor kurzem eingerichtete hochrangige Gruppe für nachhaltige Finanzierung sind ebenfalls wichtige Schritte auf dem Weg zum Aufbau eines Finanzsystems zur Förderung der Nachhaltigkeit in Europa.
In Strategien zur Finanzierung des Klimaschutzes müssen unterschiedliche – öffentliche und private – Interessenträger auf allen Ebenen, einschließlich der lokalen Ebene, eingebunden werden. Darüber hinaus muss sich auch das Finanzsystem weiterentwickeln, damit es unterschiedlichen Anforderungen und Finanzierungsquellen gerecht werden kann.
Einige europäische Gemeinden haben bereits innovative Möglichkeiten zur Finanzierung ihrer Maßnahmen entwickelt, bei denen unterschiedliche Finanzierungsquellen miteinander kombiniert oder neue entwickelt wurden, etwa Crowdfunding von Klimaschutzanleihen. Unserer noch nicht veröffentlichten Bewertung zufolge haben jedoch nach wie vor viele Gemeinden Schwierigkeiten, Mittel für ihre Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zu finden. Fehlende Kapazitäten und mangelnde Sachkenntnis, Quellen zu finden und die am besten geeignete Finanzierungsart zu beantragen, ist neben vielen anderen Hemmnissen ein großes Hindernis. Darüber hinaus gelten Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel in den Augen der Entscheidungsträger im Finanzmarkt häufig noch nicht als „profitable Investitionen“.
Das zunehmende Bewusstsein für Klimarisiken und für den Zusatznutzen von Anpassungsmaßnahmen (etwa die Verbesserung der Lebensqualität und der Attraktivität des Ortes, dem solche Maßnahmen zugutekommen) könnten dazu führen, dass das Bewertungsergebnis dessen, was eine gute Investition ausmacht, anders ausfällt.
Angesichts der grundlegenden Bedeutung, die der Klimafinanzierung zukommt, damit der notwendige Übergang zu einem klimafreundlichen Europa gelingt, arbeitet die EUA daran, die Zusammenhänge zwischen den derzeitigen und künftigen Maßnahmen für die Eindämmung des Klimawandels und die Klimaanpassung einerseits und die Finanz- und Steuersysteme andererseits zu bewerten. Ein besseres Verständnis dieser Zusammenhänge ist eine Voraussetzung für die Beseitigung von Hindernissen, die der Klimafinanzierung und der Umwidmung von Mitteln zur Förderung des Übergangs auf ein emissionsarmes, gegenüber Klimaänderungen widerstandsfähiges Europa im Wege stehen. Wir werden unsere Erkenntnisse im Laufe des Jahres 2017 mit Ihnen teilen.
Hans Bruyninckx
EUA-Exekutivdirektor
Der Leitartikel wurde in der Ausgabe Nr. 2016/04 des EUA-Newsletters vom Dezember 2016 veröffentlicht.
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