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Vorzeitige Todesfälle aufgrund von Luftverschmutzung in der EU weiter rückläufig – mehr Anstrengungen für eine schadstofffreie Umwelt nötig

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Nachrichten Veröffentlicht 27.03.2023 Zuletzt geändert 03.08.2023
4 min read
Die Luftqualität in Europa verbessert sich weiter, und die Zahl der Menschen, die aufgrund von Luftverschmutzung erkranken oder vorzeitig sterben, ist rückläufig. Aus der heute veröffentlichten Auswertung der Europäischen Umweltagentur (EUA) geht jedoch hervor, dass die Luftverschmutzung nach wie vor das größte Umweltrisiko für die Gesundheit in Europa darstellt und ehrgeizigere Maßnahmen erforderlich sind, um die gesundheitsbezogenen Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu erfüllen.

Die EUA hat ihre vollständige Analyse zur Luftqualität in Europa 2022 vorgelegt. Darin werden der Stand der Luftqualität in Europa beschrieben, die Auswirkungen der Luftverschmutzung auf Gesundheit und Ökosysteme bewertet und die Emissionsquellen identifiziert.

Laut der Beurteilung der EUA ist die Luftverschmutzung in Europa nach wie vor mit erheblichen gesundheitlichen Risiken verbunden und verursacht chronische Erkrankungen und vorzeitige Todesfälle. Im Jahr 2020 waren 96 % der städtischen Bevölkerung in der EU Feinstaubkonzentrationen (PM2.5) ausgesetzt, die den WHO-Richtwert von 5 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m3) Luft überschritten. Die Luftverschmutzung schadet zudem der Artenvielfalt, den landwirtschaftlichen Nutzpflanzen und den Wäldern und führt zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten.

 

Feinstaub: Mindestens 238 000 vorzeitige Todesfälle in der EU

Die schlechte Luftqualität, vor allem in den Städten, beeinträchtigt nach wie vor die Gesundheit der Menschen in Europa. Laut aktuellen Schätzungen der EUA verstarben im Jahr 2020 in der EU mindestens 238 000 Menschen vorzeitig, weil sie PM2.5-Konzentrationen von über 5 µg/m3 ausgesetzt waren. Die Stickstoffdioxid-Belastung führte zu 49 000 und erhöhte Ozonwerte zu 24 000 vorzeitigen Todesfällen.

Neben vorzeitigen Todesfällen verursacht die Luftverschmutzung gesundheitliche Probleme und hohe Kosten für das Gesundheitswesen. So führte die Exposition gegenüber PM2.5 im Jahr 2019 in 30 europäischen Ländern zu insgesamt 175 702 verlorenen gesunden Lebensjahren (DALY) aufgrund von chronischer obstruktiver Lungenerkrankung.

Anmerkung: Wie in den Vorjahren sollten die gesundheitlichen Auswirkungen verschiedener Luftschadstoffe nicht zusammengerechnet werden, um überschneidungsbedingte Doppelberücksichtigungen zu vermeiden. Dies gilt sowohl für die Sterblichkeits- als auch die Krankheitsdaten. 

Im Zeitraum von 2005 bis 2020 ging die Zahl der PM2.5-bedingten vorzeitigen Todesfälle in der EU um 45 % zurück. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, so dürfte die EU das im Null-Schadstoff-Aktionsplan vorgesehene Ziel einer 55-prozentigen Reduzierung der vorzeitigen Todesfälle bis 2030 erreichen.

Dennoch sind weitere Anstrengungen erforderlich, um das Null-Schadstoff-Ziel für 2050 zu erreichen: die Senkung der Luftverschmutzung auf ein Niveau, das nicht mehr als gesundheitsgefährdend gilt.

 

Verlust an biologischer Vielfalt, forst- und landwirtschaftliche Schäden

Die Luftverschmutzung schadet zudem den Land- und Wasserökosystemen. Im Jahr 2020 waren 75 % der Fläche der Ökosysteme in der EU mit Stickstoff belastet. Dies stellt einen 12-prozentigen Rückgang gegenüber 2005 dar; im Null-Schadstoff-Aktionsplan ist eine Reduzierung um 25 % bis 2030 vorgesehen.

Laut der Auswertung der EUA waren im Jahr 2020 in Europa 59 % der Waldflächen und 6 % der landwirtschaftlichen Flächen schädlichen bodennahen Ozonkonzentrationen ausgesetzt. Die wirtschaftlichen Verluste aufgrund der Auswirkungen von bodennahem Ozon auf die Weizenerträge beliefen sich 2019 in 35 europäischen Ländern auf rund 1,4 Mrd. EUR, wobei die größten Verluste in Deutschland, Frankreich, Polen und der Türkei zu verzeichnen waren.

 

Energieverbrauch in Gebäuden für mehr als die Hälfte der Feinstaubemissionen verantwortlich

Die Hauptquelle der Feinstaubbelastung in Europa ist die Verbrennung von Brennstoffen im Wohn-, Gewerbe- und institutionellen Bereich, wie die Analyse der EUA zeigt. Diese Emissionen hängen hauptsächlich mit der Verbrennung von Festbrennstoffen für Heizzwecke zusammen. Im Jahr 2020 entfielen auf diesen Bereich 44 % der PM10- und 58 % PM2.5-Emissionen. Auch die Industrie, der Straßenverkehr und die Landwirtschaft sind wichtige Quellen für diese Schadstoffe.

Auf die Landwirtschaft entfiel zudem ein Großteil der Ammoniakemissionen und mehr als die Hälfte (56 %) der Methanemissionen. Die Hauptquellen für Stickoxide waren der Straßenverkehr (37 %), die Landwirtschaft (19 %) und die Industrie (15 %).

Insgesamt waren die Emissionen aller wichtigen Luftschadstoffe in der EU im Jahr 2020 weiterhin rückläufig. Dieser Trend hat sich seit 2005 trotz des erheblichen Anstiegs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der EU im selben Zeitraum fortgesetzt, wie aus der EUA-Analyse hervorgeht.

 

Politischer Hintergrund

Mit dem europäischen Grünen Deal sollen die Luftqualität verbessert und die Luftqualitätsnormen der EU besser an die WHO-Luftqualitätsrichtlinien angeglichen werden. Im Null-Schadstoff-Aktionsplan der EU ist eine Vision für 2050 vorgesehen, nach der die Luft-, Wasser- und Bodenverschmutzung auf ein Niveau gesenkt werden soll, das für die Gesundheit und die natürlichen Ökosysteme nicht mehr als schädlich gilt.

Im Oktober 2022 legt die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinie vor, in dem strengere Emissionsgrenzwerte, ein verbessertes Recht auf saubere Luft – darunter potenzielle Entschädigungsansprüche der Menschen bei luftverschmutzungsbedingten Erkrankungen –, strengere Vorschriften für die Überwachung der Luftqualität und eine bessere Aufklärung der Öffentlichkeit vorgesehen sind.

 

Hinweis für die Redaktion

Die EUA schätzt die Sterblichkeit aufgrund von Luftverschmutzung seit 2014. Bis 2021 verwendete die EUA die Empfehlungen aus dem WHO-Bericht von 2013 zum Nachweis von gesundheitlichen Risiken aufgrund von Luftverschmutzung. Bei der diesjährigen Bewertung wendet die EUA erstmals neue Empfehlungen zu gesundheitlichen Auswirkungen an, die in den WHO-Luftqualitätsrichtlinien von 2021 enthalten sind.

Aufgrund der Änderung der Methodik ist die geschätzte Zahl der Todesfälle niedriger als zuvor, und die EUA hat ihre früheren Schätzungen aktualisiert, um die kontinuierlichen Fortschritte und die relativen Veränderungen im Hinblick auf die Ziele des Null-Schadstoff-Aktionsplans zu überwachen.

Aus einigen Studien geht hervor, dass gesundheitliche Auswirkungen, darunter frühzeitige Todesfälle, bereits bei geringer Luftverschmutzung auftreten können. Die EUA hat diese erheblich höheren Auswirkungen auf die Gesundheit in einer spezifischen „Sensitivitätsanalyse“ geschätzt, die im EUA-Briefing zu den gesundheitlichen Folgen der Luftverschmutzung zusammengefasst ist.

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